Slowenien Jakobsweg Tag 6: Vavta Vas-Knežja Vas

Durchs Bärengebiet

Slowenien, Tag 6! Mit gefüllten Wasserflaschen, versorgten Füßen, einem erholten Rücken und einem Minisnack starteten wir in den Tag. Es ging sehr schnell in den Wald. Gleich zu Beginn unserer Route war der bislang wohl steilste Abschnitt zu bewältigen, der zudem recht lang war . Auf einem Schild gab es den Hinweis auf Bären. Diesmal waren wir also definitiv im Bärengebiet. Allerdings sahen wir (mal wieder) keine, schließlich meiden Bären Menschen. Wobei wir lange die einzigen Menschen weit und breit waren.

Hinweisschild auf Bären
Hinweisschild auf Bären

Unsere Pause legten wir heute in einem kleinen Dorf ein, in einem Wohngebiet, direkt neben einem nicht funktionierenden Brunnen. Es war wieder richtig heiß und das Verlangen nach (mehr) Wasser wurde dementsprechend stärker. Da traf es sich gut, dass wir, als wir durch ein Dorf gingen, von einer älteren Frau „aufgehalten“ wurden, die gerade Pflaumen schnitt. Sie fragte uns etwas auf slowenisch. Wir verstanden nur Jakobova Pot und nickten. Dann gaben wir zu verstehen, dass wir kein slowenisch sprachen. Sie sprach allerdings auch kein englisch, also blieb sie einfach bei ihrer Muttersprache. Mit Gestik und Mimik bot sie uns Pflaumen an. Nachdem wir ein paar Plfaumen gegessen hatten, füllte sie uns noch welche in eine Tüte. Wir machten auf unsere Flaschen aufmerksam. Unser Bedürfnis nach Wasser war aktuell größer als alles Andere. Das mittlerweile piwarme Restwasser in den Flasche, schüttete sie weg und füllte uns schönes kühles Wasser hinein. Wir glauben, dass sie noch von ihrer Tochter erzählte, die (vermutlich) auch den Jakobova Pot gewandert war. Das Wort Kirche übersetzte sie niedlicherweise mit „Bimbam“ und deutete auf den Kirchturm oberhalb des Dorfes. Ja, so konnte man sich irgendwie verständigen.

Der weitere Weg führte uns im Wechsel durch Dörfer, die auf Hügeln lagen und von denen man in die grüne Waldlandschaft ringsum blicken konnte sowie durch Täler, von denen man auf die Hügel schauen konnte. Slowenien ist ein sehr grünes Land, eine Augenweide für Naturliebende.


Hungrig am Abend

Für den Abend war mal wieder Gewitter angesagt, dementsprechend wollte ich unser Zelt ungern im Wald aufschlagen bzw. es vor dem Gewitter aufbauen. Denn es sollte auch etwas stürmischer werden und unser Zelt war nicht wirklich standhaft. Ich meine, es hat ja nicht mal Zeltstangen, sondern wird von zwei lose eingespannten Wanderstöcken gehalten.

Eine typische Aussicht des Jakobova Pots (Weinhang, grüne Wälder)
Eine typische Aussicht des Jakobova Pots

Wir wanderten also einfach immer weiter, ich legte all meine Hoffnungen in eine Kirche. Das war vielleicht etwas naiv, denn die meisten Kirchen, die wir bislang vorgefunden hatten, waren zugeschlossen.

Als wir aus der Ferne endlich wieder einen Kirchturm gesichtet hatten, spazierten wir etwas ab vom Weg, um jene zu erreichen. Als wir ankamen, mussten wir leider enttäuscht feststellen, dass die Kirche mal wieder verriegelt war. Aber immerhin war der Eingang überdacht und wir stellten hier unsere Sachen ab und machten es uns auf der Stufe „bequem“. Trotz der Ernüchterung, tat es gut, endlich nicht mehr laufen zu müssen. Und den Rucksack abzulegen!

Unser Lager vor der Kirche
Unser Lager vor der Kirche

Wir fühlten uns etwas obdachlos – waren wir ja auch – zudem stinkend, durstig und hungrig. Wir hatten noch ein paar Pflaumen, Brotreste und den einen oder anderen Snack – auf ein richtiges Abendessen musste verzichtet werden.
Ringsum die Kirche befanden sich Gehöfte, hier und da sah oder hörten wir auch noch Menschen – uns jedoch schien niemand bemerkt zu haben.


Open-Air Kino im Sturm

Janina hatte noch heruntergeladene Filme auf dem Handy und so bauten wir uns kurzerhand mit Selfiestick und Handy ein kleines Open-Air-Kino. Obwohl es um uns herum mittlerweile sehr ruhig war und der Ton des Handys das einzige Geräusch war, fielen wir niemandem auf. Mit der Dämmerung setzte auch der Sturm ein und bald konnten wir die Blitze in einiger Entfernung am Himmel beobachten. Es wurde richtig kalt, daher holte ich meinen Schlafsack hervor, den wir beide als Decke benutzten.

Open Air Kino!
Open Air Kino!

Immer wieder mussten wir unsere Sachen zusammensammeln, die durch den Sturm durch die Gegend flogen. Nach dem Gewitter war es bereits dunkel und wir bauten unser Zelt im nassen Gras auf. Wenigstens war das Zelt selbst dank unserer kirchlichen Überdachung trocken geblieben.

Wenngleich dieser Abend wahnsinnig ungemütlich war und wir Angst hatten, in der Nacht vom Platz vertrieben zu werden, war es im Nachhinein irgendwie einer der einprägendsten Abende. Vielleicht, weil ich mich wirklich obdachlos gefühlt habe und ich an jene denken musste, die Tag und Nacht kein Dach über dem Kopf hatten. Jene, die auf wärmende Heizung verzichten müssen und die täglich hungern und dursten.

Generell muss ich sagen, dass einem bei so einer Wanderung mit einigen Entbehrungen erst bewusst wird, wie gut man es zuhause hat. Der Dopamin-Entzug führt dazu, dass auf einmal alles Selbstverständliche richtig geil ist: Wärme, Essen, Trinken, Ausruhen…


Kurzübersicht Tag 6

Schlafplatz⛺️/Kosten: Zelt neben der Kirche aufgestellt
Essen 🍔: Snacks aus dem Supermarkt
Wetter☀️: heiß, dann stürmisch & Gewitter am Abend
Kilometer 👣: 26

Weiter zu Tag 7

▶️ Knezja Vas-Kloster Sticna

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