Ostseeradweg: Rostock-Swinemünde (Polen)

Ende September 2018 haben wir uns an eine kleine Etappe des Ostseeradweges gewagt. Seit ich zum Studieren nach Rostock gezogen war, hatte ich mir fest vorgenommen, nach Polen zu radeln. Auf dem Ostseeradweg sind das von Warnemünde aus etwa 245 Kilometer.

Da dieses Unterfangen auch für unerfahrene Radreisende durchaus machbar klang, wurde der Plan kurz bevor ich wieder nach Hamburg zog, in die Tat umgesetzt. Die Reise bestritt ich übrigens auf meinem Mountainbike, dass ich 2017 für 140 Euro auf ebay kleinanzeigen gekauft hatte (student=broke) und mein Freund auf seinem Trekkingrad, welches bereits seit vielen Jahren in seinem Besitz ist. Wir sind also weder mit hochkarätigen Rädern, noch mit diverser Funktionskleidung los geradelt. Nach dem Motto „so wenig wie nötig, aber alles was notwendig ist“, waren Rucksack und Sporttasche spartanisch gepackt.

Die Übernachtungen hatten wir im Voraus gebucht: 2x in der Jugendherberge und in Swinemünde ein Hotel. Die Jugendherberge lag meine ich bei etwa 70 Euro pro Nacht inkl. Frühstück, also 35 Euro pro Person. Das Hotel lag in einer ähnlichen Preisklasse.


Tag 1: Warnemünde-Zingst

Leider war ich zu Beginn der Reise am kränkeln, ein Fluch der sich seit einigen Jahren durch mein Leben schlich: Hatte ich Urlaub, wurde ich krank. Aber für die Tour fühlte ich mich noch fit genug. Wir starteten in Warnemünde und setzten mit der Fähre nach Hohe Düne über. Dort suchten wir den Ostseeradweg und fuhren schließlich durch die wunderschöne Rostocker Heide gen Osten. Wer mal in Rostock ist, sollte unbedingt eine kleine Wanderung durch die ruhige Rostocker Heide machen – ich liebe diesen Ort, er hat etwas märchenhaftes, insbesondere im Sommer, wenn die Sträucher hoch gewachsen sind. Sie liegt auch direkt neben dem Ostseestrand, so dass man sich nach einer Wanderung im Meer erfrischen kann.

Auf die Rostocker Heide folgte eine lange Etappe über Küstenwege, vorbei an weiten Feldern und durch schattige Wälder. Schließlich fuhren wir auf den Darß. Besonders idyllisch habe ich die Boddenlandschaft in Erinnerung. Alleine das Wort „Boddenlandschaft“ bringt mich zum Grinsen. Bodden steht übrigens schlicht für „Boden“ und man könnte das ganze auch als Lagunenlandschaft bezeichnen. Denn es handelt sich bei den Bodden um nichts anderes als Lagunen: Also durch Landzungen oder Inseln vom Meer abgetrennte, flache Gewässer an den Küsten. Boddenlandschaft klingt nur cooler.

Leere Ferienorte und Hunger

Da wir schon Herbst hatten, waren die raren Ferienorte, durch die wir radelten, bereits leer gefegt. Warum eigentlich, frage ich mich. Ich finde, es gibt kaum etwas romantischeres als einen Herbststurm an der Ostsee. Beim Radfahren war er allerdings etwas hinderlich – besonders wenn man in die Gegenrichtung des Windes fahren musste.

Bis 20 Uhr sollten wir in der Jugendherberge eingecheckt haben, es blieb uns keine Zeit für Pausen. In Vorfreude auf eine baldige Mahlzeit versammelten wir am Abend unsere letzten Energiereserven und strampelten in die Pedalen. Die letzten Kilometer bestritten wir auf dem Deich.
Als wir dann endlich – etwas später als 20 Uhr – ankamen, war weniger das Einchecken ein Problem, als die Tatsache, dass hier weit und breit kein Restaurant mehr geöffnet hatte, kein Supermarkt und nicht einmal eine Tankstelle in erreichbarer Nähe war. Optimistisch bestellten wir online bei einem Lieferservice, das Essen kam jedoch nie an. Wahrscheinlich hatten die Dienstleister auch schon geschlossen. Wir uns dann leider mit unserem restlichen Lakritz und einem Apfel zufrieden geben. Immerhin hatten wir eine Dusche und ein warmes Bett.

Tag 1

🚲 85 Kilometer
🏘 Unterkunft: Jugendherberge Zingst


Tag 2: Zingst – Greifswald

Am 2. Tag stärkten wir uns erstmal beim Frühstück in der Herberge. Endlich Essen! Danach ging es noch zur Apotheke, ich brauchte etwas gegen die immer stärker werdende Erkältung.
Gestärkt & versorgt schwangen wir uns endlich auf die Räder und suchten den Ostseeradweg. Der Frühherbst zeigte sich heute von seiner schönen Seite, die Sonne schien und wir konnten einige Kraniche auf den Feldern und Formationen von Staren über unseren Köpfen beobachten. Wer schon einmal beobachtet hat, wie ein Schwarm Stare durch die Lüfte kreist, weiß, dass das ein ganz besonderes Naturschauspiel ist. Tausende Stare am Himmel, die zusammen schwarze Wolken bilden.
Auf unserer Etappe entdeckten wir einen Kunstbahnhof – einen stillgelegten Bahnhof – den nun verschiedenste Arten von Kunstwerke zierten. Im Kaff „Groß Kordshagen“ machte Benni plötzlich eine Vollbremsung und ich fuhr fast in sein Hinterrad hinein. Gerade rechtzeitig konnte ich abbremsen. Er hatte eine alte Schulfreundin auf dem Weg erkannt, die mit einer Begleitung unterwegs war. Benni hatte sie lange nicht mehr gesehen und eigentlich kam auch sie aus Hamburg, weshalb es umso witziger war, dass man sich hier traf – in einem 300-Seelen-Dorf in der Walachei! Das war schon ein lustiger Zufall.

Der Mond über Greifswald

Als wir Stralsund (mit langem a aussprechen!) erreichten, legten wir eine längere Pause ein und genossen das Treiben in der kleinen Stadt. Wir kehrten bei einem Italiener ein, um uns fit für die restliche Tagesetappe zu machen. Anschließend statten wir dem Supermarkt noch einen Besuch ab, um etwas Verpflegung zu besorgen. Am Abend ging es eine kilometerlange Schotterstraße – eine Parallelstraße zur Bundesstraße – in Richtung Greifswald. Mein Fahrrad mochte die Schotterstraße gar nicht und zack – platt. Ein hilfsbereiter alter Anwohner versuchte, den Reifen zu reparieren. Es gelang nicht, allerdings bot er uns an, uns mit dem Auto zum 10 Minuten entfernten Baumarkt zu fahren, so dass wir einen neuen Schlauch erwerben konnten. Dankend nahmen wir das Angebot an und wähnten uns sogleich im Auto. Ingesamt kostete uns die Aktion etwas mehr als eine Stunde. Als der neue Schlauch angebracht war und das Fahrrad wieder auf dem Ostseeradweg fuhr, brach die Dunkelheit bereits ein. Das Ärgernis hatte uns Zeit gestohlen, allerdings wurden wir mit einem wunderschönen Mondaufgang belohnt. Ich glaube es war der schönste Mondaufgang, den ich je gesehen hatte.In Greifswald angekommen, musste ich leider feststellen, dass mein Rad abermals platt war. Super. Später habe ich auf mein Rad übrigens „unplattbar-Reifen“ aufziehen lassen und ich muss sagen, das war eine sehr gute und absolut empfehlenswerte Entscheidung.
Auch heute übernachteten wir in einer Jugendherberge.

Tag 2

🚲 80 Kilometer
🏘 Unterkunft: Jugendherberge Greifswald


Tag 3: Greifswald – Swinemünde

Nach dem Frühstück ging es erstmal zum Fahrradladen, um einen neuen Schlauch für mein Rad zu besorgen. Ich muss sagen: Mittlerweile weiß ich immerhin, wie das Schlauchwechseln funktioniert. Sollte man vermutlich eigentlich wissen, bevor man so eine Tour macht, aber hey, learning by doing! Nachdem der neue Schlauch aufgezogen war, verließen wir Greifswald, fuhren vorbei an dem kleinen Hafen mit den den friedlich vor sich hin dümpelnden Schiffen. Bald folgte ein laaaanger Abschnitt auf der Landstraße – das war nicht mein Lieblingsabschnitt vom Ostseeradweg. Rast machten wir heute in Wolgast, ein schönes, kleines, vorpommerisches Städtchen am Peenestrom. Das Ziel war nun schon in „greifbarer“ Nähe und so strampelten wir nach der Mittagspause beim Chinesen motiviert weiter in die Pedalen. Es war ein tolles Gefühl, als wir dann endlich Usedom erreichten – auch wenn der Küstenwald mit ganz schön krassen Steigungen für norddeutsche Gefilde aufwartete. Einige Rentner*innen überholten uns ganz entspannt auf ihren E-Bikes. Entlang der Strandpromenade fuhren wir mit unseren Rädern an den berühmten Kaiserbädern vorbei, hielten hier und dort mal an, aber nie lange, zu sehnsüchtig warteten wir darauf, Polen zu erreichen. Und dann…Die polnische Grenze! Endlich! In Swinemünde hatten wir uns ein Hotel gebucht, welches wir erschöpft und glücklich erreichten. Zur Feier des Tages wurde eingekauft: Bier, Chips, Kekse – meine Erkältung war immer noch am Start, aber es ging mir trotz der täglichen Anstrengungen schon viel besser. Frische Luft und Bewegung sind einfach gute Medizin.

Am darauf folgenden Tag haben wir uns übrigens noch ein bisschen die Stadt angeschaut und sind dann mit unseren Rädern mit der Bahn zurückgefahren. Wir kamen mit einem Mann ins plaudern, der vom Elberadweg schwärmte – der kam dann direkt auf die To Do-Liste!

Tag 3

🚲 80 Kilometer
🏘 Unterkunft: Hilton in Swinemünde (Polen)


Fazit Ostseeradweg & Weitere Reiseberichte

Für eine erste längere Radtour finde ich diese Route auf dem Ostseeradweg empfehlenswert, würde jedoch noch einen Tag mehr einplanen (es sei denn man hat ein sehr flottes Fahrrad). Wir hatten nämlich leider gar keine Zeit, irgendwas länger anzuschauen. Die Beschilderung ist übrigens sehr gut und wenn man sich unsicher ist, kann man das Handy zurate ziehen.

Mit meiner Ausrüstung war ich zufrieden. Meinen kleinen Wanderrucksack und ein paar Sportklamotten, Sportschuhe sowie Handschuhe fand ich völlig ausreichend – vielleicht wäre ein Regencape noch eine sinnvolle Erweiterung.

Die Strecke würde ich generell weiterempfehlen. Sie führt durch sehr schöne Gebiete an der Ostsee, mein Highlight war – man mag es erahnen – die Boddenlandschaft.

Weitere Reiseberichte:

🛶 Kanutour mit Hund
🚲 Osteeradweg Kiel-Timmendorf
👟 Slowenien
🏯 Burgentour

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