ehemalige Golflounge

Lost Places Hamburg

Es ist Sommer 2023 und für uns steht heute eine Lost Places Hamburg -Tour an. Denn die Metropole hat tatsächlich einige davon zu bieten. Hier findet ihr einen Tourenvorschlag für eine Lost Place-Tour, für die ihr einen guten Tag einplanen solltet. Diese Tour hier habe ich einer meiner besten Freundinnen zum Geburtstag geschenkt. 

Die Orte habe ich zum Einen durch Internetrecherche und zum Anderen durch das Buch Lost & Dark Places Hamburg von Manfred Ertel gefunden.

1. Start im Tiefbunker am Berliner Tor

Ausgangspunkt unserer Tour ist der Tiefbunker am Berliner Tor. Hier kommt ihr allerdings nur mit Führung rein! Aktuelle Führungen könnt ihr hier einsehen: https://www.unter-hamburg.de/rundgaenge/berliner-tor
Ein Guide hat uns (eine Gruppe von etwa 12 Leuten) fast 3 Stunden durch die verschiedenen Räume geführt und dabei ein riesiges Repertoire an historischem Wissen vorgetragen. Der Tiefbunker wurde 1940 im zweiten Weltkrieg erbaut und Anfang der 1960er zu einem n Schutzbauwerk umgebaut, welches Schutz geboten hätte, wenn der Kalte Krieg zu einem „Heißen“ Krieg bzw. Atomkrieg geworden wäre.

Der Bunker gehört heute der Hamburger Behörde und wird u.a vom Verein unter hamburg gepflegt.
Die Führung kostet 10 Euro pro Person und 8 Euro ermäßigt und ist wirklich sehr zu empfehlen! Man lernt unglaublich viel und es ist natürlich auch super spannend, die Unterwelt Hamburgs zu erkunden.

An diesem Tag fand hier sogar eine ganz besondere Veranstaltung statt: die Bunkernacht. Sprich: Es haben Leute Geld dafür bezahlt, hier heute tatsächlich in den Feldbetten übernachten und dabei eine ähnliche Verpflegung erhalten hat, wie sie damals für Schutzsuchende vorgesehen gewesen wäre. Ein Event der besonderen Art sozusagen 😅. Infos zu den Bunkernächten findet ihr hier.

Betten im Tiefbunker


2. Der alte Kran am Löschhafen

Nach der umfangreichen Führung verlassen wir den kühlen Bunker und werden wieder von sommerlichen Temperaturen der Großstadt umarmt. Wir steigen in die S-Bahn und fahren bis Rothenburgsort.

Unsere nächste Station ist am Billhafen: der alte Kran am Löschplatz. Vielleicht habt ihn ihn auch schon eimal auf Fotomotiven gesehen. Er wurde 1950 erbaut – damals diente er dazu, Güter von Schiffen ans Land zu verfrachten. Heute ist er ein eingetragenes Kulturdenkmal der Hansestadt. Am heutigen Tag dient er als Kulisse für eine Gruppe junger Menschen, die hier eine kleine Party veranstalten.


3. Die Branntweinmonopolverwaltung

Unser Weg führt uns zum Billwerder Neuer Deich am Entenwerder Elbpark. Wir erblicken Stahlzäune und Stacheldraht und dahinter das Objekt unserer Begierde: die ehemalige Branntweinmonopolverwaltung. Leider müssen wir auf die Mauer klettern, um überhaupt Blicke auf die großen Gebäude zu erspähen und Fotos zu machen. Wobei der Spalt so schmal ist, dass wir selbst kaum sehen, was wir da überhaupt fotografieren. Dementsprechend sehen die Fotos dann so aus:

(Es ist also ratsam, sich selbst ein Bild zu machen)

Branntweinmonopolverwaltung lost place

 


4. Golf Lounge: Wie schnell ein Platz verfällt

Doch direkt neben den Gebäuden befindet sich ein weiterer Lost Place: Bis vor Anfang 2022 wurde hier die Golf Lounge betrieben, die sich heute in Moorfleet befindet. Allerdings scheinen die Betreiber hier alles seinem Schicksal überlassen zu haben. Die einzelnen Loch-Stationen sind längst von wild wachsenden Pflanzen überwuchert und das Gebäude hat hier und da eingeschlagene Fenster, voll gesprayte Wände und eine Menge Müll findet sich hier vor. Wir schlüpfen durch eine Lücke im Bauzaun und merken schnell, dass wir nicht die einzigen sind, die sich diesen Ort anschauen. Als wir den ersten Stock des Gebäudes erreichen, hören wir von oben rennende Schritte – etwas gruselig. Erst ein Jahr zuvor ließ man hier alles stehen und liegen. Davon zeugen auch Flyer, die noch einigermaßen frisch aussehen und auf dem Boden herumliegen. Nur dass sie niemandem mehr nützen. Im August 2023 wurde bekannt gegeben, dass der Platz geräumt werden soll.

Update 2024: Die Golfplatz wurde mittlerweile vollständig abgerissen und es befindet sich ein Parkplatz auf dem Gelände. Als Erinnerung bleiben nur die Fotos und ein Golfball, den ich 2023 mitgenommen habe.

ehemalige Golflounge


5. Wasserinsel Kaltehofe

Wir wandern weiter zur Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe. Zugegeben, um einen klassischen Lost Place handelt es sich hier nicht – schließlich kümmert sich eine Stiftung ganz wunderbar um die Erhaltung des ehemaligen Wasserwerks mit seinen Schieberhäuschen, die sogar restauriert wurden. Und doch ziert eines der Schieberhäuschen sogar das Buch Lost & Dark Places Hamburg. Es ist vielleicht streitbar, wie lost dieser place ist 😉. In jedem Fall bietet es sich für uns – allein schon rein geoografisch – an, diesen schönen Ort in die Tour zu integrieren und so laufen wir einmal über das Gelände. Offiziell ist es schon geschlossen, da aber im Haus eine Veranstaltung stattfindet, ist es noch zugänglich und wir können in aller Ruhe die Schieberhäuschen bewundern, die sich ganz wunderbar in dem sommerlichen Abendlicht machen.

Diesen Ort empfehle ich Hamburger*innen übrigens auch ganz abseits von Lost Places-Touren. Er hat was Magisches.

Schieberhäuschen Kaltehofe


6. Schilleroper & die Fassade der Reeperbahn

Zu guter Letzt fahren wir mit Bus und Bahn ins Schanzenviertel. Dort besuchen wir die ehemalige Schilleroper – es ist mittlerweile dunkel und das Gerüst nicht so gut erkennbar. Es ist wirklich nur ein metallenes Gerüst. Und doch ist es ein beispielloses Streitobjekt. 1989-1891 wurde das Zirkuszelt mit seiner für damalige Verhältnisse hochmodernen Stahlkonstruktion für den Circus Busch erbaut und 1891 schließlich eröffnet. Später wurde sie ein Theater und sogar ein Opernhaus, zwischenzeitlich wurde sie als Unterkunft für ausländische Arbeitskräfte und Asylbewerber genutzt, in den 2000ern hatte sie nochmal ihr letztes Aufleben als viel gelobten Club.
Doch seit dessen Schließung steht die ehemalige Oper leer und alle Pläne der Wiederbelebung scheiterten.

2012 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. 2021 wurden dann jene Gebäudeteile abgerissen, die nicht unter Schutz gestellt wurden. Übrig geblieben ist die Stahlkonstruktion – das langsam verwittert. Die Eigentümerin möchte die Oper daher am liebsten abreißen lassen und hier einen Neubau hinstellen. Doch aufgrund des Denkmalschutzes ist das nicht möglich. Außerdem gibt es Proteste. Eine Anwohner-Initiative möchte das Gerüst freilegen und hier Wohnungen entstehen lassen. Die Zukunft des Gerüsts ist also immer noch unklar.

Tatsächlich ist die Stahlkonstruktion auch nicht mehr ganz so spannend zu betrachten, seit die Gebäude-Teile fehlen. In Lost & Dark Places Hamburg sind noch Bilder von früher zu sehen. Und auch wenn es sich heute nur noch um ein Stahlgerüst handelt, ist die Geschichte dahinter sehr interessant – vor allem, wenn man es bislang völlig unbeachtet gelassen hat.

Die Fassade an der Reeperbahn

Zu Fuß laufen wir nun zur Reeperbahn und lassen den Abend im Weingarten 26 ausklingen. Warum hier? Weil auch die Fassade eine Art Lost Place ist oder zumindest war. Geht man am Spielbudenplatz 26 vorbei kommt man gar nicht auf die Idee, dass hinter der Fassade kein vollständiges Gebäude mehr steht sondern eben nur noch…die Fassade. Mittlerweile ist hier ein Weingarten eröffnet worden. Lange Zeit befand sich hinter der ebenfalls denkmalgeschützten Fassade, die einst zu einem Schwimmbad gehörte Nichts. Die Fläche lag brach und wurde 40 Jahre lang ihrem Schicksal überlassen, weshalb sie lange als Lost Place galt. Das hat sich erst 2023 geändert, da die Fläche nun von den Betreibern der Schmidt-Theater gepachtet wurde und ein Weingarten eröffnet wurde. Auch wenn sie nicht mehr ganz so lost ist – besser kann man eine Lost Place Hamburg Tour nicht ausklingen lassen, oder?

Fassade vom ehemaligen Schwimmbad


Unsere Route

 


 

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