Zwischen Lenin und Soljanka: Lost Place Flugplatz Wittstock
Es ist ein angenehm warmer Tag. Wir sind mit unseren Hunden auf dem ehemaligen Flugplatz Wittstock. Die asphaltierte Rollbahn ist noch gut in Schuss. Wie ich nachgelesen habe, wird sie heute vor allem für illegalle Auto- und Autorennen genutzt. 2022 kamen dabei zwei Menschen ums Leben. Heute ist hier niemand außer uns.
Das letzte Flugzeug flog hier 1994, dann zogen die sowjetischen Truppen ab. An die russische Zeit erinnern hier noch zahlreiche an die Wände gedruckte Hinweise in kyrillischer Schrift. Zum Teil wurden sie auch von den zahlreichen Graffitisprayern, die sich hier verewigt haben, übersprayt. Die Decken der Gebäude sind zum Teil eingestürzt, überall liegt Schutt und zwischen all dem Schutt entdecke ich ein altes Soljanka-Glas.
Ein paar alte Gebäude des Areals wurden bereits abgerissen und an deren Stelle Photovoltaik-Anlagen gebaut. Diese befinden sich ringsum diesen Lost Place, getrennt von diesem durch einen Zaun auf dem ein fetter Warnhinweis mit „Hochspannung, Lebensgefahr!“ angebracht ist.
Vor einem Gebäude wacht eine alte steinerne Lenin-Statue über die Lost Place-Touristen. Ja, hier ist wirklich ein Stück Geschichte stehen geblieben.
Geschichte des Lost Place Flugplatz Wittstock: Vom Segelflugplatz zur Photovoltaikanlage
Ursprung und Aufbau des Flugplatzes
Der Flugplatz in Wittstock begann seine Geschichte 1934 als Segelflugplatz. Von 1938 bis 1940 wurde er zur Fallschirmjägerschule ausgebaut. Ab 1939 diente er zur Ausbildung von Fallschirmjägern, darunter prominente Absolventen wie der Schauspieler Joachim Fuchsberger. Verschiedene Einheiten der Luftwaffe nutzten den Platz ebenfalls für Trainingszwecke, so etwa die III. Gruppe des Kampfgeschwaders 4 im Jahr 1942.
Nutzung im Zweiten Weltkrieg
Im Herbst 1944 wurden die ersten Einsatzeinheiten, wie die IV./JG 301 und die 1./NJG 100, in Wittstock stationiert, die von hier aus bis zum Ende des Krieges gegen sowjetische Truppen kämpften. Nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 30. April 1945 besetzte die Rote Armee den Platz am 3. Mai 1945 und nutzte ihn für ihre Jagdfliegereinheiten.
Ausbau durch die sowjetischen Truppen
Erst 1952 errichteten die sowjetischen Truppen eine asphaltierte Rollbahn. In den 1990er Jahren wurde bekannt, dass die Wehrmacht ein unterirdisches Kino mit Platz für 200 Besucher eingerichtet hatte. Die Flieger konnten dort Wochenschauen und Unterhaltungsfilme sehen.
Nachkriegsnutzung und Verfall
Mit dem Abzug der sowjetischen Truppen am 20. Juni 1994 wurde der Flugplatz stillgelegt. Der Heimatforscher Wolfgang Dost untersuchte das Gelände nach wertvollen Artefakten und erinnerte sich an den Flugplatz als „eigene Stadt mit hunderten Menschen“. Leider fand er in den 2010er Jahren viele der Einrichtungen durch Vandalismus zerstört vor.
Umnutzung und Rückbau
Nach der Stilllegung diente das Gelände zeitweilig als Rennstrecke und Veranstaltungsort. Erst 2014 begann die Stadt mit Hilfe von EU-Fördergeldern und Unterstützung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit dem Rückbau und der Entsiegelung von Teilflächen. Dabei wurden auch die Quartiere von Fledermäusen erhalten und eine bemerkenswerte Flora dokumentiert.
Photovoltaikanlage und Nachhaltigkeit
Bereits im Dezember 2011 wurde auf einer größeren Teilfläche die Photovoltaik-Freiflächenanlage „Solarpark Alt Daber“ erricht
et, die 2014 um ein Batterie-Speicherkraftwerk erweitert wurde. Mit einer Leistung von 67,8 MWp trägt die Anlage heute zur nachhaltigen Energieversorgung bei.